Vierte Runde im Volvo-Original-Cup 2009

Youngster hetzen bei der Rallye Wedemark erneut die alten Hasen

Das ist mal klar: Nach dieser Ackerei brauchen alle Volvos neue Luftfilter! Soviel Staub mussten unsere Dickschiffe schon lange nicht mehr schlucken. Und das nicht in Lausitzer Tagebaubrachen oder Bayerns Steinbrüchen – nö, mitten in Niedersachsen. Wurstegal – schliesslich sind Schotterrallyes UNSER TERRAIN! Und deshalb Dank und Kompliment an die rührigen Boys and Girls rund um den Depping-Clan. Die haben uns trotz teilweise chaotischer Streckenverhältnisse mit viel Engagement eine prima Veranstaltung serviert – der VOC kommt bestimmt wieder. Streckenposten und Zeitnehmer sahen nach der Rallye mindestens so staubig aus wie unsere Luftfilter…

Doch bevor an dieser Stelle die in Niedersachsen erlittenen Wunden geleckt oder Heldentaten besungen werden, noch ein Wort zum Volvo Cup-Geschehen 2009 bislang: Ober-Vikinger Jochen Walter hat mit seiner Nachwuchsförderung echt was angezettelt. Um driftwillige Jungs (wo bleiben die U21-Mädels mit den noch druckfrischen Führerscheinen?) hinters Steuer der schwedischen Dickschiffe zu locken, fordert und fördert er den Nachwuchs mit einem hierzulande einzigartigen Low-Budget-Programm. Das funktioniert so: Vom Rallyevirus befallene Junioren suchen sich für kleines Geld einen Volvo 940 mit dem passenden 2,3-Liter-Zweiventiler, rüsten diesen mit logistischer und finanzieller Unterstützung von Cup-Chef Jochen Walther und Ersatzteilespezialist Skandix gemäß Gruppe G-Reglement mit sicherheitsrelevanten Zutaten wie einem Überrollkäfig aus – los geht´s.

Und wie: Schon bei den ersten drei Läufen zum diesjährigen Volvo-Cup liessen es die Junioren mit ihren selbst aufgebauten 940ern richtig fliegen. Während einige der Alt-Elchtreiber zur Roland-Rallye Mitte Mai offenbar noch den Zündschlüssel ihrer Volvos suchten, riskierten drei Junior-Teams erfolgreich schon ´ne kesse Lippe. Im Ziel mussten sich Arne Hoffmeister / Sebastian Amossé und Dominik Böhme / David Zwingmann nur noch den 2006er Cup-Siegern Andreas Leue / Helmut Piechowski geschlagen geben. Letztere hatten allerdings nicht nur mit den aufmüpfigen Pimpfen zu kämpfen, sondern auch mit einem lecken Kühler. Gruß und Dank an die Rallye-Fans im Harz für die insgesamt 15 Liter Wasser an diversen ZK´s…

Noch enger sollte es bei der Sachsenring Junior Anfang Juli zugehen – siehe auch Bericht “Kalle Grundel und der große Regen”: Ein gutes Dutzend Volvos startete rund um Zwickau eine herzerfrischende Zeitenjagd, darunter auch Volvo-Cup-Chef Jochen Walther selbst. Unser zwischen Melkkarussell, Erntemaschinen und Rallyepiste pendelnder Landwirt aus dem hohen Norden hatte seinen verbesserten Top-240er als Vorauswagen an Altmeister Kalle Grundel verliehen und steuerte stattdessen ebenfalls einen nahezu serienmäßigen 940er – er wollte mit gleichem Gerät die Junioren offenbar noch weiter anstacheln! Hey, das ging fast in die Hose: Wie so oft erst in letzter Sekunde angereist, konnte Walther ohne eigene Streckenbesichtigung nur auf den (guten!) Veranstalter-Aufschrieb vertrauen. Zeitweise wolkenbruchartiger Regen tat sein Ãœbriges, um die Scheiben der Volvos nicht nur vom Schweiß der Akteure beschlagen zu lassen. Kompliment an Streckenposten, Zeitnehmer und Zuschauer für Euer Ausharren bei so einem Sch…wetter – die Volvo-Show hat hoffentlich entschädigt!

Bei der abendlichen Siegerehrung konnten Leue / Piechowski zwar erneut das oberste Treppchen besteigen, Hoffmeister / Amossé waren ihnen aber noch dichter auf den Fersen – nur zehn Sekunden fehlten den schon ziemlich abgebrüht aufgeigenden Junioren am Ende auf Platz eins. Auch der dritte Rang wurde durch das Team Philipp Knof / Dominik Drange von zwei Cup-Youngstern okupiert. Volvo-Driften ist übrigens nicht nur reine Männersache! Neben Anja Frese gibt mittlerweile auch Krankenschwester Jana Buchhorn als Pilotin kräftig Gas, allerdings ist die bei der Sachsenring Junior erlittenene Kaltverformung inklusive grobschlächtiger Holz-Intarsien auf der Beifahrerseite (wo sonst?) ihres 740er weder durch Aspirin noch eine Massage zu retten – eine neue Karosse harrt jedoch schon der Organtransplation…

Runde drei fand Anfang August nur ein Schnapsglas Super Plus entfernt vom Nürburgring entfernt statt. Und wie sollte es anders kommen – auch bei der Rallye Oberehe balgten die Junioren nicht nur miteinander, sie gingen auch erneut respektlos auf die alten Hasen los. Jochen Walther muss es geahnt haben und blieb auf dem heimischen Hof. Dafür sprang Siggi Mayr in die Bresche. Weil die Kids anderweitig gut versorgt waren, konnte zur Abwechslung Frau Renate mal wieder die Noten lesen. Mit Erfolg: Beide legten von Beginn an die Messlatte hoch und liessen nichts anbrennen. Deshalb “musste” Familie Mayr bis zur Siegerehrung irgendwann nach Mitternacht bleiben – Siegerpokale lassen sich nun mal nicht stellvertretend abholen! Leue – dieses Mal von Jan Knöbel sekundiert und Hoffmeister / Amossé verbuchten hingegen nur Spesen. Am gelben 740er des Brandenburgers durchbrach schon wenige Meter nach Start in der ersten WP der linke vordere Dämpfer das Domlager und steckte seine Gewindestange durch die Haube. Mit Blick auf die eine Woche später stattfindende Wedemark mischten sich Leue / Knöbel fortan lieber unter die Zuschauer und klärten dort über die grundsätzliche Unzerstörbarkeit der Volvos auf… Im Hoffmeister-Auto brachte in der vorletzten WP eine schwächelnde Wasserpumpe Piloten und Motor erst arg ins Schwitzen und dann zur Aufgabe. Grund zur Freude hatten dafür Ralf Schmidt und Co. Thomas Smidt, sie trieben den Ex-740er von Holger Knöbel mit Schmackes auf Rang 2 – das erste Podest im Knäckebrotbomber für die Rückfalltäter in Sachen Rallye. Das Junioren Duo Philipp&Philipp Knof und Musholt – Letzterer nach Schrauben-Verdauungsproblemen am eigenen Motor mit geborgtem Auto von Jochen Walther – schmirgelten ebenfalls herzhaft durch die Eifel und sammelten auf Platz 3 und 4 fleissig Punkte.

Nun aber zum vierten von sieben VOC-Läufen 2009, der Rallye Wedemark am 15. August nahe Hannover: Endlich hatten Hagen Fritsch und Martin Luthardt dem in unzähligen Nachtschichten neu aufgebauten 2er alle Brems-Flausen ausgetrieben und kehrten in die Bande der aktiven Volvo-Drifter zurück. Aber wie: Hagen lud schon am Abend vorm Start zu Thüringer Bratwurst vom Grill. Hmmm – lecker! Würde sein Plan, die Cup-Konkurrenten damit nicht nur satt sondern auch träge zu machen, aufgehen? Sorry Hagen für diese Unterstellung – schön, mit Euch bei der “Knut-Inge Comeback Tour 2009” Piste, Bratwurst und das Bier danach wieder zu teilen! Auch wenn wir dabei allesamt ziemlich mit den Zähnen knirschen sollten – puh, was für ein Buddelkastentreiben bei der Wedemark: Schon nach der Besichtigungsrunde streckten zwei favorisierte Golf Kitcar-Teams die Waffen und luden noch vor dem Start wieder auf. Nix für im knöcheltiefen Sand haltlos scharrende, weil auf festen Grund getrimmte Front-Runner – so ihr Kommentar. Und die Volvos? Mäßige Power, keine Differenzialsperre und bestenfalls Vredestein-Quatrac auf der Felge. Nur die alten Füchse Schmidt/Smidt zauberten gerade noch rechtzeitig vor Feierabend der Reifenmarkierer echte Schotter-Pellen aus ihrem Service-Truck. Oberehe-Sieger Mayr liess sich davon jedoch nicht beeindrucken und zeigte, dass man mit Blick für die richtige Ackerfurche auch auf Standard-Straßenreifen verdammt schnell sein kann: Bestzeit in WP1! Leue mit Pilot Mathias Lewandowski als Co (dessen 240er träumt mangels Zeit zum Schrauben in der heimatlichen Scheune vor sich hin) passierte auf ziemlich glatzköpfigen Vredesteins als Zweiter die Lichtschranke. Dahinter folgten gleich drei der vier gestarteten Junioren mit bis auf die Zehntelsekunde identischer Zeit. Wow! Und der hinterlistige Hagen? Murmelte was von ziemlichem Gegurke und brachte sein Heck vorerst noch mit Respektabstand zu den schnellsten Volvos in Sicherheit.

In WP2 liess Ralf Habighorst mit Souffleur Wolfgang Frantz seinen 240er am schnellsten fliegen. Hatte ihn das leichtsinnig gemacht? Irgendwann später mischte sich jedenfalls das Grün seines Autos kurz vorm Ziel einer WP mit der grünen Rinde eines partout nicht auf die Seite springenden Baums. Kein Grund zum Aufgeben: Großzügig getapt, katapultierten sich die Sulinger noch als Fünfter von zehn gestarteten Volvos ins Ziel. Davor liefen die Junior-Teams Hoffmeister und Knof – beide in WP4 erneut mit identischer Fahrzeit – ein. Schon toll, wie nah beieinander Coolman Hoffmeister und Wer-wird-denn-gleich-in-die-Luft-gehen – HB-Männchen Knof fast jedesmal liegen. Die anderen Junioren Philip Musholt – mit routiniertem wie motivierendem Aushilfs-Co. Inka Lerch (“Ich könnte ja seine Mutter sein”) – und Dominik Böhme/David Zwingmann verbuddelten sich an diesem Tag gelegentlich und stellten ihre 940er hinter Wiederkehrer Hagen Fritsch/Martin Luthardt auf P7 und P8 der Volvos in den Parc Ferme. Pech hatten dieses Mal unsere Ladies Anja Frese/Karin Gronwald. Der Staub vernebelte ihnen derart die Sicht, dass sie auf der letzten WP in einer Kiesgrube plötzlich als Geisterfahrer dem Feld entgegen eilten… Auf diesem Rundkurs traf es auch die bis dato kräftig aufgeigenden Schmidt/Smidt. Sie nagelten ihren 740er so heftig an eine Böschung, dass er dort intakt aber unverrückbar hing wie ein Rembrandt unter Glas im Museum. An der Spitze balgten sich derweil “die Alten” Mayr/Schmid und Leue/Lewandowski um den Tagessieg.

Bis WP3 hatte der Volvo-Express aus Bayern die Nase vorn, in WP4 konnten die Brandenburger erstmals kontern. Was nicht verschwiegen werden soll: Bestzeit fuhren ausgerechnet auf dieser, kurzfristig zum reinen Asphaltkurs mutierten Prüfung die schotterbereiften Schmidt/Smidt… In WP5 kapitulierten dann an den Autos von Mayr und Böhme je ein Domlager die Teams nach hinten – Leue nahm das Geschenk als Retourkutsche zur Rallye Oberehe an und konnte den Sack für sich zubinden. ”Das soll nicht so bleiben”, versprach jedoch leise Junior-Co Amossé zur abendlichen Siegerehrung. Hallo Jungs – kein Respekt vor der Generation Eurer Väter???

Alter Elch

Bilder: Christian Kuhr

Fehlerteufel: Im zweiten Absatz handelt es sich um einen 2,3-Liter Zweiventiler und nicht um einen Vierventiler. (Korrektur durch die Redaktion, 14.09.2009 )

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